Nicht, dass die deutsche Sprache nicht schon schwierig genug wäre. Ganze Generationen wurden auch noch durch Rechtschreibreformen verwirrt und rätseln nun fast täglich: groß oder klein, getrennt oder zusammen? Eine beliebte Stolperfalle sind Substantivierungen, also Verben (oder Adjektive), die zu einem Hauptwort umfunktioniert wurden.
Vor ein paar Tagen hat mich eine treue Leserin über Facebook angeschrieben und mich gefragt, ob ich nicht mal was über substantivierte Verben schreiben könnte. Na klar kann ich und das mache ich auch sehr gern. Ich freue mich, wenn ich auf konkrete Themenwünsche meiner Leser eingehen kann!
Für einen kurzen Post bei Facebook ist das Thema allerdings zu komplex. Deshalb habe ich ihr versprochen, dass es heute einen ganzen Blogartikel zu Substantivierungen gibt. Et voilá 🙂
Meine Kinder haben in der Grundschule gelernt: Tu-Wörter (Verben) schreibt man klein. Punkt. Was man anfassen kann, wird großgeschrieben. Für Hund, Katze, Maus funktioniert diese Regel auch.
Wir machen aber aus Verben gerne mal Hauptwörter.
Und dann gilt: Substantivierungen werden großgeschrieben – so wie alle anderen Substantive eben auch.
- Das Schreiben fällt mir leicht.
- Zum Kochen bevorzuge ich den Gasherd.
Lass Dich also bitte nicht davon verwirren, dass es vorher mal ein Verb gewesen ist. Wird ein Wort als Hauptwort gebraucht, dann musst Du es großschreiben.
Das gilt übrigens auch, wenn es eine Formulierung ist, die sich aus zwei Teilen zusammensetzt. Dann musst Du die Bestandteile aber zusätzlich zusammenziehen.
- schlank werden – das Schlankwerden
- zustande kommen – das Zustandekommen
Gehören noch mehr Bestandteile dazu, erfordert das Konstrukt Bindestriche, außerdem schreibst Du den ersten Teil auch immer groß:
- Hand in Hand arbeiten – das Hand-in-Hand-Arbeiten
- aus der Haut fahren – es ist zum Aus-der-Haut-Fahren
Aber: Ich bin kein Fan von Substantivierungen.
Die Rechtschreibung ist problematisch und (was noch viel schlimmer ist) Substantivierungen machen Sätze schwerfällig. Wenn Du einen knackigen und dynamischen Text schreiben möchtest, versuch möglichst aktiv zu formulieren, also Verben zu benutzen.
Es gibt dabei nur einen kleinen Haken: Du musst stärker auf die Zeichensetzung achten. Allerdings ist es besser, wenn Du ein Komma an der falschen Stelle setzt, als wenn Du mit gruselig substantivierten Verben Deine Leser verscheuchst.
In den meisten Fällen sind Verben im Text einfach besser. Vergleich mal selbst:
Das Laufen tut mir gut. Es hat eine positive Wirkung auf mein ganzes Befinden. Zum langfristigen Wohlfühlen gehört daher Sport, wenn Du eine Veränderung in Deinem Leben erreichen willst. Mach Gebrauch von meiner Checkliste und starte noch heute mit Deiner Lauf-Planung.
Und jetzt ohne die überflüssigen Substantive:
Laufen tut mir gut und wirkt sich positiv auf mein ganzes Befinden aus. Wenn Du Dich langfristig wohlfühlen und Dein Leben verändern willst, gehört Sport einfach dazu. Nutz meine Checkliste, um noch heute zu starten und Dein Training zu planen.
Du hast es sicher bemerkt: Nicht nur substantivierte Verben schaden Deinen Texten. Du solltest generell mit Worten, die auf -ung, (-heit, -keit) enden, sparsam umgehen.
Sie lassen sich meistens gut durch Verben ersetzen:
- Planung/planen
- Beratung/beraten
- Förderung/fördern
- Wartung/warten
- Verschwendung/verschwenden
- Änderung/ändern
- in Erwägung ziehen/erwägen
- von etwas Gebrauch machen/etwas (be)nutzen
- …
Ich könnte diese Liste noch ewig fortsetzen, aber ich will Dir nicht noch mehr abschreckende Beispiele zeigen 😉 Versuch einfach, auf möglichst viele Substantive zu verzichten und stattdessen schöne Verben zu benutzen. Die deutsche Sprache ist wahnsinnig vielfältig und unheimlich genau. Das solltest Du ausnutzen und weder Dich noch Deine Leser quälen.
Auf meiner Facebook-Seite findest Du übrigens jeden Sonntag meine kleine Rubrik „Deutsche Sprache auf einen Blick“, in der ich typische Fehler und schwierige Wörter vorstelle.
Was ich Dir aber abschließend noch sagen möchte: Niemand ist perfekt! Auch Texter, Redakteure und Lektoren machen Fehler oder übersehen mal etwas. Und ganz ehrlich: Perfektion ist langweilig. Oder was denkst Du, warum Gil Ofarim Let‘s Dance 2017 gewonnen hat? 😉
Gib Dir ehrlich Mühe, aber sei Du selbst und verpass Deinen Texten Persönlichkeit, nicht Perfektion.